Ein Signal aus dem ländlichen Raum – Artenschutz geht nur gemeinsam
09.07.2024
Mitwitz, 09. Juli 2024 – „Rebhuhn retten – Vielfalt fördern!“ heißt ein deutschlandweites Projekt, das interessierte Abgeordnete des Bayerischen Landtags an die Ökologische Bildungsstätte Oberfranken in Mitwitz führte.
Im historischen Weißen Saal des Mitwitzer Wasserschlosses trafen sich am 2. Juli MdL Alexander Flierl, Vorsitzender des Arbeitskreises für Umwelt und Verbraucherschutz, MdL Petra Högl, Vorsitzende des Arbeitskreises für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus sowie MdL Volker Bauer, Mitglied des Arbeitskreises für Umwelt und Verbraucherschutz mit Vertreterinnen und Vertretern der Ökologischen Bildungsstätte Oberfranken, um deren Arbeit rund um Rebhuhn und Agrarlandschaft kennenzulernen.
„Wir befinden uns hier an einem einzigartigen Ort, der Geburtsstätte des Grünen Bandes“, machte Prof. Dr. Kai Frobel, seit ihrer Gründung Vorsitzender der Bildungsstätte, während seiner Begrüßung deutlich. „Hier wurden in den 1970er Jahren die ersten ornithologischen Kartierungen vorgenommen, die später ganz wesentlich zur Entstehung des größten Biotopverbundes in Deutschland beigetragen haben.“
Aus der Arbeit der letzten vier Jahrzehnte im Bereich Naturschutz und Umweltbildung sei mit der Ökologischen Bildungsstätte schließlich eine Einrichtung entstanden, so Landrat Klaus Löffler in seinem Grußwort weiter, die mittlerweile überregional bekannt sei und es deshalb auch geschafft habe, sich für das deutschlandweite Projekt „Rebhuhn retten – Vielfalt fördern!“ zu qualifizieren. Man sei stolz auf die gute Zusammenarbeit zwischen Landkreis und Umweltstation.
Das Vorhaben umfasst zehn Gebiete, verteilt vom südlichen Baden-Württemberg bis an die Nordseeküste, und wird von 2023 bis 2029 vom Bundesamt für Naturschutz und Bundesumweltministerium im Bundesprogramm Biologische Vielfalt gefördert. Im Falle des Oberfränkischen Arealteils ist auch der Bayerische Naturschutzfonds ein wichtiger Geldgeber. Der Landesbund für Vogel- und Naturschutz und die Wildland-Stiftung Bayern unterstützen das Projekt als Mitträger.
„Schon aus dieser Verbindung lässt sich ableiten, dass wir hier in Oberfranken etwas Besonderes vorfinden“, so Ausschussvorsitzender Alexander Flierl. „Es ist inspirierend, zu sehen, wie hier mit- und nicht gegeneinander gearbeitet wird.“
Das Miteinander von Landwirtschaft, Naturschutz und Jagd beeindruckt auch die Vorsitzende Petra Högl, die selbst einen landwirtschaftlichen Hof führt. „Hier erkennen die Naturschützerinnen und Naturschützer vor Ort an, unter welchem Druck die landwirtschaftlichen Betriebe in vielen Fällen stehen, zeigen ihnen andererseits aber auch auf, welche konkreten Möglichkeiten zum Handeln es gibt. Ich denke, dieses Vertrauensverhältnis ist der Weg zum Erfolg.“
Von Anfang an wurde gemeinsam mit den Landnutzenden geplant, sodass früh die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit entstand. Das hilft dem Rebhuhn – und im „Kielwasser“ dieser Leitart auch einer großen Zahl anderer seltener Feldvögel, mancherlei Ackerwildkräutern oder auch dem Feldhasen. Über 60 Hektar reich strukturierte, blütenreiche Flächen laden nun zu Brut und Jungenaufzucht ein. Angelegt haben sie die lokalen Landwirtinnen und Landwirte die praxisnah beraten wurden, wie sie die Möglichkeiten des Kulturlandschaftsprogrammes (KULAP), des Vertragsnaturschutzprogrammes (VNP) oder der Ökoregelungen ideal nutzen können.
Und die Erfolge können sich sehen lassen: „Unsere diesjährige Kartierung hat den besten Wert der letzten Jahre für die balzenden Rebhähne ergeben“, ist Projektleiterin Annika Lange stolz. Durch zahlreiche Ehrenamtliche, darunter auch etliche Jägerinnen und Jäger, wird der Bestand jedes Jahr im Vorfrühling erfasst – und zwar in der gesamten Kulisse der drei oberfränkischen Landkreise Kronach, Coburg und Lichtenfels. Dabei sind die Naturschützenden froh, eine so im Rückgang begriffene Art wie das Rebhuhn nicht nur stabil zu halten, sondern ihm sogar wieder spürbar auf die Schwingen zu helfen. „In Gebieten, in denen wir etwa fünf bis sieben Prozent der Ackerfläche mit geeigneten Brutbiotopen aufwerten konnten, hat sich der Bestand teilweise vervierfacht. Mehr als zehn rufende Hähne auf einem Quadratkilometer lassen sich in den besten Arealen beobachten – das ist ein Spitzenwert“, erklärt Annika Lange weiter.
Nach einem herzhaften regionalen Imbiss mit Wildschwein-Burgern und Weißbier-Tiramisu ging es hinaus in die Praxis, um sich einen Blühflächenverbund bei Sonnefeld, südöstlich von Coburg, anzuschauen. Dort wurden auf einem Quadratkilometer fünf Biotope angelegt, die nun Lebensraum für Rebhuhn, Fasan, Dorngrasmücke und Co. bieten.
Dr. André Maslo, Projektinitiator und Leiter der Ökologischen Bildungsstätte Oberfranken, bedankt sich vor Ort besonders bei Bernhard Schmitt, Vorsitzender des Jagdschutz- und Jägerverbandes Kronach e.V. und Revierpächter Daniel Schnack. „Ohne die Mithilfe der Jägerinnen und Jäger wäre all das bei Weitem nicht so erfolgreich verlaufen. Mit ihrem Wissen und ihrer täglichen Arbeit, vor allem aber auch mit ihren guten Verbindungen zu den Landwirtinnen und Landwirten sowie den Jagdgenossen, helfen sie uns, den Artenschutz voranzubringen.“
Maslo ist sich sicher, dass dieser Art des kooperativen Naturschutzes Schule machen wird: „Wir sind der Meinung, dass künftige Naturschutzbemühungen, etwa die kommende GAP, auch gemeinsam mit den Landwirtinnen und Landwirten entwickelt werden müssen, um langfristig Akzeptanz zu finden und Erfolg zu haben.“
In Mitwitz ist man schon ein gutes Stück auf diesem Weg vorangekommen und blickt zuversichtlich auf die kommenden Jahre, die beim Rebhuhn hoffentlich weiter steigende Brutpaarzahlen bringen werden.
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