Gäulandschaften und Neckarbecken von Tübingen bis Heilbronn: Fellbach macht weiter
20.02.2025
Fellbach, 18.02.2025 - Das Rebhuhn ist in Europa und Deutschland vom Aussterben bedroht – auch die Bestände in Baden-Württemberg sind zwischen 1995 und 2020 um 82 Prozent eingebrochen. Doch in Fellbach gelang die Trendumkehr: Die Bestände des Bodenbrüters gingen in den letzten Jahren wieder leicht nach oben. Das ist einer Initiative der Stadt im Jahr 2013 zu verdanken. Sie stieß damals Schutzmaßnahmen an, die inzwischen durch ein breites Bündnis aus Naturschutz, Landwirtschaft, Jägerschaft, Verwaltung und Kommune umgesetzt werden. Neuerdings ist das Schmidener Feld in Fellbach sogar Teil des Bundesprojektes „Rebhuhn retten – Vielfalt fördern!“ und gehört damit zu einem von zehn Projektgebieten bundesweit. Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Landwirtschaft sowie der Stadt gaben die Projektverantwortlichen von NABU Baden-Württemberg und Landesjagdverband bei einer Veranstaltung im Rathaus Ende Januar einen Einblick, was in Fellbach bereits erreicht wurde und in den nächsten Jahren geplant ist.
Wie anderen Feldvögeln fehlt auch dem Rebhuhn in der modernen Agrarlandschaft meist der Platz zum Brüten. Es findet außerdem zu wenig Nahrung, weil es immer weniger Insekten gibt. „Der Schlüssel zur Rettung des Rebhuhns ist auch in Zukunft die enge Kooperation mit Landwirtinnen und Landwirten. In Fellbach funktioniert diese schon sehr gut. Hier gibt es einige Betriebe, die Blühflächen angelegt haben. In diesen ziehen die Rebhühner ihre Jungen groß, die in den lückigen Pflanzenbeständen Insekten und Sämereien zum Fressen finden. Gemeinsam machen wir weiter und probieren auch Neues aus“, verdeutlichte NABU-Projektleiterin Dominique Aichele.
Landschaftsökologe Etienne Bürthel zeigte: Je mehr Lebensräume auf den Äckern entstanden sind, desto mehr Rebhühner brüteten in Fellbach. Zwischen 2019 und 2020 hat sich die Population fast verdoppelt, von zehn auf 18 Brutpaare. Bei der letzten Frühjahrszählung 2024 waren es schon 23 Reviere. „Den freien Fall haben wir dadurch gestoppt. Ohne diese Maßnahmen wäre das Rebhuhn in Fellbach ausgestorben – spätestens nach dem feuchten und kalten Frühjahr 2024, das wahrscheinlich viele Rebhühner nicht überlebt haben“, machte Bürthel klar.
„Als Bodenbrüter ist das Rebhuhn schlecht geschützt vor Beutegreifern, vor allem vor dem Fuchs“, erläuterte René Greiner, Hauptgeschäftsführer des Landesjagdverbands. „Durch geeignete Maßnahmen wird das Prädationsrisiko reduziert, u. a. indem wir Lebensräume möglichst sicher anlegen und pflegen. Blühflächen sollten zum Beispiel breit genug sein, damit Rebhühner sich besser verstecken können.“ Ruhe und Schutz sind für Rebhühner wesentlich. Greiner betonte, dass auch Bürgerinnen und Bürger dazu beitragen können: „Nehmen Sie Ihre Hunde an die Leine, besonders in den Wildschutzzonen. Vor allem in der Brutzeit zwischen Mitte April und Mitte August, wenn Rebhühner besonders störanfällig sind.“
Landwirt Peter Treiber teilte seine Erfahrungen aus der Praxis. Damit mehr Landwirtinnen und Landwirte dauerhaft Lebensräume für das Rebhuhn schaffen, müssten Förderprogramme einfach gestaltet sein und sich für Betriebe lohnen. Für sie seien vor allem produktionsintegrierte Maßnahmen attraktiv, bei denen Betriebe ihre Flächen weiterhin bewirtschaften und Erträge verkaufen können. Zum Beispiel Lichtäcker, auf denen Getreidereihen mit größerem Abstand eingesät werden und in denen Rebhühner brüten können. Auch hier wollen die Projektbeteiligten gemeinsam vorankommen. So setzt sich das Projekt auf Bundes- und Landesebene für eine Agrarpolitik ein, die sowohl Landwirtschaft als auch Natur zugutekommt.
Fellbach ist eines von zwei Modellgebieten im baden-württembergischen Teilprojekt innerhalb des bundesweiten Projekts. In diesen Gebieten werden auf insgesamt 129 Quadratkilometern besonders intensiv Maßnahmen umgesetzt. Im dazwischenliegenden Verbundraum, von Tübingen bis Heilbronn, unterstützen die Projektbeteiligten dabei, für den Rebhuhnschutz wichtige Akteurinnen und Akteure zusammen- und wirksame Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Langfristig soll sich das Rebhuhn wieder in Baden-Württemberg und Deutschland ausbreiten und seine Bestände stabilisieren.
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