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Abgeerntete Felder und wenig Strukturen – Wie Rebhühner im Winter trotzdem nicht hungern

19.01.2023

Für Agrarvögel, die bei uns überwintern, kann die kalte Jahreszeit eine Herausforderung werden. So gibt es nicht nur weniger Nahrungsquellen als während der Brut- und Sommerzeit, sondern auch weniger Deckung, um sich vor der Witterung und Prädatoren zu schützen.

Wie kommen Rebhühner mit der kalten Jahreszeit zurecht?

Telemetrieuntersuchungen in Deutschland und der Schweiz zeigten, dass Rebhühner die meiste Zeit inmitten von Ackerschlägen verbringen, insbesondere in Zwischenfrüchten und Rapsfeldern. (Gottschalk & Beeke 2014, Buner et al. 2005). Hungern Rebhühner in den unkrautarmen Kulturen, wo sie kaum Sämereien finden?

In älterer Literatur (siehe z.B. Middleton & Chitty, 1937) wird berichtet, dass Rebhühner in den Wintermonaten Stoppelfelder bevorzugen: „Die Tatsache, dass Rebhühner zu dieser Jahreszeit immer zum Fressen auf den alten Stoppeln zu finden sind, hat zur Annahme geführt, dass dies die ideale Nahrungsgrundlage ist. Tatsächlich gibt es in den ackerbaulich genutzten Gebieten überall wenig Nahrung, sodass die Rebhühner wahrscheinlich keine andere Wahl haben“ (übersetzt aus dem Englischen). Heute sind Stoppelfelder in vielen Teilen Westeuropas jedoch im Winter selten geworden, da vermehrt Winter- statt Sommerkulturen angebaut werden.

Was fressen Rebhühner in dieser Zeit?

Eine der ersten Studien zu diesem Thema wurde von Middleton & Chitty (1937) in England durchgeführt und später von Oko (1963) in Polen wiederholt und angepasst, sodass das ganze Jahr über die gleiche Stichprobengröße wildlebender Rebhühner untersucht wurde. Obwohl Samen von Ackerwildkräutern oder Erntereste (insbesondere Weizen) vor und nach dem Krieg häufiger vorkamen als heute, zeigten die Studien, dass die Winternahrung schon damals hauptsächlich aus grünen Blättern bestand.

Blätter, und zwar hauptsächlich von Getreide, machen bis zu 90 % des Kropfinhaltes von Rebhühnern aus, während nur 10 % Samen von Ackerwildkräutern sind. Oko (1963) stellte sogar einen Gewichtsanteil der Blätter von bis zu 99 % des Kropfinhalts im Januar fest. Eine weitere Studie aus England von Potts (1986) bestätigte den hohen Energiewert von jungen Blättern der Feldfrüchte.

Orlowski et al. (2011) führten in acht Projektgebieten im gesamten Verbreitungsgebiet der Art Untersuchungen durch und bestätigten, dass Rebhühner physiologisch lange Zeiträume mit fast ausschließlicher Blattnahrung überleben können. In der Zusammenfassung schreiben die Autor*innen: „Getreideblätter können möglicherweise andere Nahrungskomponenten ersetzen, was darauf hindeutet, dass die Nahrungsressourcen kein kritischer Faktor sind, der die Population von Rebhühnern im Winter begrenzt“ (übersetzt aus dem Englischen).

Auch wenn Rebhühner also lange Wochen allein von Blätternahrung leben können, lieben sie trotzdem den Zugang zu energiereichen Fütterungen, wo sie Weizen fressen können. Fütterungen können also eingesetzt werden, um Rebhühnern das Leben angenehmer zu machen. Allerdings bergen Fütterungen auch ein Risiko: Sie ziehen Mäuse, Ratten und in deren Folge Prädatoren an. Auch Krankheiten oder Parasiten (z.B. Luftröhrenwürmer) übertragen sich leicht an Fütterungen. Sie sollten daher nur dann aufgestellt werden, wenn durch eine gute Betreuung ein regelmäßiges Umstellen der Fütterung gewährleitet ist. Das Aufkommen von Ratten sollte vermieden werden, indem die Fütterungen nur mit Abstand zur und nicht in einer Deckung aufgestellt werden.

Vor allem bei hoher Schneedecke müssen sich Rebhühner zwischen Nahrungssuche und Verstecken entscheiden, sodass die Nahrungssuche ein riskantes Unterfangen werden kann. Wenn Schnee liegt, sind die Rebhühner bei der Nahrungsaufnahme auf freiem Feld ungeschützt und eine leichte Beute für Prädatoren. Untersuchungen von Gottschalk & Beeke (2014) zeigten, dass das Prädationsrisiko in Monaten mit Schnee fünfmal höher ist, als in Monaten ohne Schnee. In dieser Zeit können Futterspender den Rebhühnern helfen, die riskante Zeit zu überleben, da sie weniger Zeit mit Nahrungssuche im freien Feld verbringen müssen.

Text: Eckhard Gottschalk (Universität Göttingen), Francis Buner (The Game and Wildlife Conservation Trust)

Buner, F.; Jenny, M.; Zbinden, N. & B. Naef-Daenzer (2005): Ecologically enhanced areas – a key habitat structure for re-introduced grey partridges Perdix perdix. Biol. Conserv. 124, 373-381.

Gottschalk, E. & W. Beeke (2014): Wie ist der drastische Rückgang des Rebhuhns (Perdix perdix)aufzuhalten? Erfahrungen aus zehn Jahren mit dem Rebhuhnschutzprojekt im Landkreis Göttingen. Ber. Vogelschutz, 51: 91-116.

Middleton, A.D. & H. Chitty (1936): The food of adult partridges, Perdix perdix and Alectoris rufa, in Great Britain. Journal of Animal Ecology, Vol. 6, No. 2 (1937).

Oko, Z. (1963): Studies on the food of adult partridges in the Poznan provinces in a year cycle 1960-1961. Poznaskie Towarz. Przyj. Nauk. 14: 39-96.

Orlowski, G.; Czarnecka, J. & M. Panek (2011): Autumn-winter diet of Grey Partridges Perdix perdix in winter crops, stubble fields and fallows. Bird study, 58:4, 473-486.

Potts, G.R. (1986): The Partridge. Pesticides, Predation and Conservation. Collins, London.


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